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Private Krankenversicherung und Physiotherapie

Die Erstattung von Rechnungen für Physiotherapie und manuelle Therapie durch die private Krankenversicherung macht häufig Probleme. Anders als bei Ärzten oder Zahnärzten, bei denen die Höhe der Vergütung gesetzlich in Gebührenordnungen geregelt ist, muss  die Höhe der Vergütung von Physiotherapeuten frei vereinbart werden. Das Gesetz sieht in § 612 Abs. 2 BGB vor, dass dann, wenn die Höhe einer Vergütung nicht ausdrücklich vereinbart worden ist, die ortsübliche Vergütung für vergleichbare Tätigkeiten als vereinbart gilt. Da der Abschluss einer Honorarvereinbarung beim Physiotherapeuten eher unüblich ist, kann der Physiotherapeut nach § 612 Abs. 2 BGB das ortsübliche Honorar verlangen. Und das ist der Ansatzpunkt für den Streit mit der privaten Krankenversicherung.

Die private Krankenversicherung hat im Regelfall die tatsächlichen Kosten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung zu tragen. Die meisten Tarife enthalten keine ausdrückliche Regelung über die Höhe der Erstattungssätze von Physiotherapiekosten. In dieser Situation muss die Versicherung die tatsächlichen Kosten der Physiotherapie erstatten. Das ist nicht notwendigerweise das, was in Rechnung gestellt worden ist. Die privaten Krankenversicherungen argumentieren dass die Erstattungssätze der Beihilfe für Beamte die übliche Vergütung für die Behandlung von Privatpatienten durch Physiotherapeuten darstellen. Mit dieser Begründung erstatten sie dann auch nur in Höhe dieser Sätze. Da die Sätze der Beihilfe ziemlich niedrig sind (das Landgericht Köln hat dazu eine Stellungnahme des Bundesinnenministeriums eingeholt, das mitgeteilt hat, dass die Beihilfesätze für die Physiotherapie sich an der Höhe der von der gesetzlichen Krankenversicherung gezahlten  Vergütung für  Physiotherapie orientieren – Urteil vom 14.10.2009, Az. 23 O 424/08), bleibt der privat versicherte Patient erstmal auf einem großen Teil seiner Physiotherapierechnung sitzen. Wenn die Beihilfesätze nicht die übliche Vergütung eines Physiotherapeuten sind, stellt sich die Frage, wie man diese ermittelt.

Mit dieser Frage beschäftigen sich Gerichte immer wieder Das Landgericht Köln hat in seinem Urteil vom 14.10.2009 zunächst festgestellt, dass die Beihilfesätze nicht die übliche Vergütung für die Physiotherapie darstellen. Bei der Frage, wie hoch die ortsübliche Vergütung für die Leistungen eines Physiotherapeuten in Köln denn tatsächlich ist, eine Frage, die angesichts hunderter Physiotherapiepraxen, von denen sich viele bei der Abrechnung an den Beihilfesätzen orientieren, um Probleme zu vermeiden, durchaus nicht einfach zu beantworten ist, hat das Gericht der Versicherung den schwarzen Peter zugeschoben: Die Versicherung habe nicht genügend Belege dafür vorgelegt, dass die meisten Physiotherapeuten nur in Höhe der Beihilfesätze abrechnen würden, von daher sei es nicht notwendig hierzu eine aufwendige Beweisaufnahme durchzuführen. Mit dieser Begründung hat das Landgericht die Versicherung dann zur Zahlung der noch nicht erstatteten  Rechnungsbeträge an den klagenden Versicherungsnehmer verurteilt.

Das Amtsgericht Köpenick hat in seinem Urteil vom 10.05.2012 (Az. 13 C 107/11) über folgenden Fall entschieden: Der privat versicherte Patient hatte mit seiner Physiotherapeutin die Abrechnung nach dem 2,3-fachen des VdAK-Satzes vereinbart. Die private Krankenversicherung hat dem Patienten die Rechnungen nur in Höhe der Beihilfesätze zuzüglich eines Zuschlages von 20% erstattet. Das Amtsgericht setzt sich zunächst mit der Frage auseinander, ob im Versicherungsvertrag Regelungen über Höchstgrenzen für die Erstattung von Kosten für Physiotherapie vereinbart worden sind. Dies war nicht der Fall. Damit sind nach Auffassung des Amtsgerichts Beschränkungen bei der Höhe der Erstattung nicht zulässig.  Die Versicherung sei vielmehr  verpflichtet, die tatsächlich entstandenen Kosten zu erstatten. Da das Honorar der Physiotherapeutin zwischen ihr und dem Patienten vertraglich vereinbart worden war, musste die Versicherung die vollen Kosten erstatten.

Diese Fälle können aber nicht ohne weiteres verallgemeinert werden. Zum einen deshalb, weil die privaten Krankenversicherer durchaus berechtigt sind, ihre Erstattungen für Physiotherapie durch entsprechende vertragliche Regelungen zu begrenzen. Wenn eine derartige Begrenzung wirksam vereinbart worden  ist, hat sie Vorrang. Darüber hinaus besteht immer das Risiko, dass es der privaten Krankenversicherung gelingt, im gerichtlichen Verfahren eine Beweisaufnahme zur Frage der ortsüblichen Vergütung zu erzwingen. Zu welchem Ergebnis diese Beweisaufnahme führt und wie das Gericht ihr Ergebnis würdigt, ist völlig offen. Hier klagt ein Physiotherapeut darüber, dass viele seiner Kollegen sich auf die Beihilfesätze beschränken, um Problemen aus dem Weg zu gehen. Offenbar gibt es durchaus eine Vielzahl von Physiotherapeuten, die sich bei der Abrechnung gegenüber Privatpatienten auf die Beihilfesätze beschränken.