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Leistungsausschluss in der PKV: Brustimplantate sind keine Krankheit

Welche Bedeutung das Kleingedruckte, insbesondere ein vereinbarter Leistungsausschluss im Recht der privaten Krankenversicherung hat und was Versicherungen manchmal daraus machen, zeigt ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.02.2016 (Az. IV ZR 353/14).

Eine Frau hatte sich 2004 die Brüste mit Implantaten vergrößern lassen. Zu diesem Zeitpunkt war sie noch gesetzlich krankenversichert. Ab Anfang 2006 war sie dann privat krankenversichert. 2011 kam es zu Schmerzen in den Brüsten. Die Ärzte stellten auf der einen Seite eine Kapselfibrose fest. Auf der anderen Seite war das Implantat verrutscht. Die Frau ließ dann beide Implantate auswechseln. Die private Krankenversicherung verweigerte die Erstattung der Kosten und berief sich auf einen Leistungsausschluss. Im Versicherungsvertrag war vereinbart worden, dass für vorsätzlich herbeigeführte Erkrankungen oder Unfälle und deren Folgen kein Erstattungsanspruch besteht. Die Versicherung argumentierte, dass bekannt sei, dass es nach Brustvergrößerungen zu Problemen kommen könne. Darüber sei die Frau vor der Operation aufgeklärt worden. Weil sie mit diesem Wissen der Durchführung der Vergrößerungsoperation zugestimmt habe, habe sie die eingetretenen Folgen vorsätzlich herbeigeführt.

Das Landgericht Mannheim hat die Klage auf Erstattung der Operationskosten abgewiesen. Auch das Oberlandesgericht Karlsruhe war der Auffassung, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht bestehe: Bereits die implantierten Brustimplantate seien als krankhafter, weil unnatürlicher Zustand zu bewerten, diesen habe die Frau vorsätzlich herbeigeführt. Darüber hinaus schloss sich das Oberlandesgericht der Argumentation der Versicherung an, dass auch aus dem Wissen eines Patienten um mögliche Komplikationen geschlossen werden könne, dass diese mit der Einwilligung in die Operation vorsätzlich herbeigeführt worden seien.

Der Bundesgerichtshof hat dieses Urteil aufgehoben und dabei wesentlich  versichertenfreundlicher geurteilt. Der BGH stellt zunächst fest, dass Brustimplantate nicht allein deshalb als Krankheit im Sinne des privaten Krankenversicherungsrechts zu betrachten seien, weil sie nicht natürlich sind. Solange keine wesentliche Funktionseinbuße vorliegt, die medizinisch behandelt werden muss, sind nicht natürliche Zustände nicht als Erkrankung zu bewerten.

Auch der Argumentation des Oberlandesgerichts Karlsruhe, wonach ein Patient, der vor einer kosmetischen Operation über die möglichen Risiken aufgeklärt wird, später eintretende  Komplikationen vorsätzlich herbeiführt, erteilt der BGH eine Absage: Es sei richtig, dass der Patient in dieser Konstellation wisse, dass es zu Komplikationen kommen könne. Zum Vorsatz gehöre aber nicht nur das Wissen, sondern auch das Wollen. Nicht zulässig sei es, vom Wissen um die Risiken darauf zu schließen, dass der Patient deren Eintritt auch in Kauf genommen genommen hätte. Ebensowenig sei es zulässig, davon auszugehen, wie ein vernünftiger Dritter mit diesem Wissen umgeht. Erforderlich sei vielmehr, im Einzelfall zu klären, was der Patient gedacht hat. Dabei weist der BGH darauf hin, dass Patienten im Regelfall davon ausgehen, dass sich die Risiken einer Operation, über die sie aufgeklärt worden sind, bei Ihnen nicht realisieren.

Zur Klärung dieser und anderer offener Fragen hat der BGH das Verfahren an das Oberlandesgericht Karlsruhe zurück verwiesen.

Dieser Fall zeigt, dass Versicherungen, die sich einmal entschieden haben, eine Leistung nicht zu erbringen, häufig durch alle Instanzen prozessieren. Von daher sollte ein betroffener Versicherungsnehmer sich in derartigen Fällen kompetent beraten und vertreten zu lassen.