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Kein Anwesenheitsrecht bei Untersuchung des Patienten durch den Sachverständigen

Das Oberlandesgericht München hat sich in einem Beschluss vom 01.06.2015 (Az. 24 W 881/15) zum Anwesenheitsrecht des beklagten Arztes oder Zahnarztes bei der Untersuchung des Patienten durch den vom Gericht bestellten Sachverständigen geäußert. Das Oberlandesgericht hat sich der Meinung der meisten anderen Gerichte in dieser Frage angeschlossen und dem beklagten Arzt oder Zahnarzt kein Recht auf Anwesenheit bei der Untersuchung des Patienten zugebilligtGrundsätzlich haben beide Parteien das Recht, anwesend zu sein, wenn der vom Gericht bestellte Sachverständige den Streitgegenstand in Augenschein nimmt. Das wird zum Beispiel in Bauprozessen auch so gehandhabt. Die körperliche Untersuchung einer Partei zum Beispiel in einem Arzthaftungsprozess ist aber etwas anderes: Wegen der Behandlung der Folgen eines Unfalls, den er als Fünfjähriger erlitten hatte, erhob ein Junge Klage gegen ein Krankenhaus und den nachbehandelnden Orthopäden. Das Gericht holte ein Sachverständigengutachten ein. Der Sachverständige untersuchte den Jungen und besprach vorher die Krankengeschichte mit dem Kläger und seinen Eltern. Das beklagte Krankenhaus lehnte daraufhin den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab: Der Sachverständige hätte den Vertretern des Krankenhauses die Anwesenheit bei der Untersuchung und bei der Besprechung der Krankengeschichte ermöglichen müssen. Dass dies notwendig gewesen wäre, zeige sich daran, dass die Eltern des Klägers dem Sachverständigen einseitig ihre Sicht auf die Behandlung dargelegt hätten. Das Landgericht wies die Befangenheitsrüge zurück. Dagegen wurde Beschwerde eingelegt, über die das Oberlandesgericht zu entscheiden hatte.

Das Oberlandesgericht stellt klar, dass die körperliche Untersuchung des Patienten durch den ärztlichen Sachverständigen ein Eingriff in die Privatsphäre sei. Bei Abwägung der Belange des Patienten mit denen des beklagten Arztes oder Zahnarztes, müsste das Interesse der Beklagten an der Anwesenheit regelmäßig zurückstehen. Das gelte nicht nur für die eigentliche Untersuchung, sondern auch für ein vorbereitendes Gespräch über die Krankengeschichte. Der Sachverständige habe sich daher korrekt verhalten, so dass kein Anlass zur Annahme einer Befangenheit bestehe. Die Beschwerde des Krankenhauses wurde daher zurückgewiesen.

Damit hat sich das Oberlandesgericht München der Auffassung der meisten Gerichte angeschlossen, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben und die ebenfalls kein Anwesenheitsrecht des beklagten Arztes oder Zahnarztes bei der Untersuchung durch den Sachverständigen angenommen haben.